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The New World - Terrence Malicks bester Film?

///analyse, spoiler gegen ende///

 

The New World ist Terrence Malick's vierter Film und sein absolutes Meisterwerk.
Es ist eines der großartigsten Werke der neueren Filmgeschichte, der Meisterregisseur präsentierte dem Zuschauer 2005, über 30 Jahre nach seinem ersten Film, ein wichtiges und zeitloses Drama, dessen Botschaft immer aktuell bleiben wird.
Dabei gilt der Film bei vielen Fans zu Unrecht als einer von Malicks schwächsten Arbeiten. Natürlich hat der Regisseur dank seiner drei ersten Filme, die sich allesamt größter Beliebtheit erfreuen, und dem Meisterwerk The Tree of Life, welches 2011 in den Kinos lief, ein unglaublich hohen Qualitätsstandard, dennoch behaupte ich, dass keiner dieser Filme, die alle zu den besten Filmen aller Zeiten zählen, wirklich an The New World heranreichen.
Malick's Werke sind bildgewaltige Poesie, schon 1973 übertrafen seine Bilder, seine Kameraarbeit und sein Schnitt alles bisher da Gewesene. Während sich seine beiden letzten Werke, vor Allem Knight of Cups, allzu sehr in dieser audio-visuellen Poesie verlieren und dadurch fast langweilig werden, behandeln seine Werke immer verschiedene Themen, vertreten einen Lebensstil (besonders Badlands, Days of Heaven, The Tree of Life hat diese Lebenswege sogar als Unterthema) und wollen dem Zuschauer Botschaften vermitteln.

 

The New World widmet sich der amerikanischen Urgeschichte selbst. „Once discovered, it was changed forever“, lautet die Unterschrift des Films. Diese beschreibt den Film perfekt. Es geht um das Zusammentreffen der unterschiedlichen Kulturen, der Indianer und der Engländer, welches in all seiner Schönheit und Brutalität in The New World gezeigt wird.
Dies gelingt vor Allem aufgrund der hochinteressanten Handlung, der unglaublich gut durchdachten Figuren und der ebenso großartigen Besetzung.
Gleich in der ersten Szene sieht man Colin Farrell als John Smith, den man wohl nicht perfekter hätte besetzen können, eingesperrt in einem Schiff nach Amerika. Er sieht das herannahende Land und freut sich, obwohl befohlen wurde, ihn zu töten, weil er meuterische Reden gehalten hatte. Er verkörpert den Weltoffenen, Interessierten, denjenigen, der auch mal die Autorität infrage stellt, wenn er mit dem Befehl oder der Einstellung des Befehlshabenden nicht einverstanden ist. Nach den ersten Kontakten mit den Eingeborenen macht Smith sich Gedanken darüber, wer diese Menschen sind, die er dort draußen hört. Er ist für eine friedliche Lösung, eine starke Gemeinschaft, Zusammenarbeit, er ist ein Mensch, der andere Kulturen akzeptiert, sie im weiteren Handlungsverlauf anfängt zu lieben und sie auch bewahren will, während jedoch die anderen Entdecker einfach drauf losschießen, wenn ein Eingeborener sich bloß aus Interesse ein Beil mitnimmt. Durch diesen Zwischenfall, der aus Angst vor der anderen, unbekannten Kultur und durch Anspannung passiert ist, verlieren die Engländer die Gunst der Eingeborenen, weswegen Smith sich zum König der Powhatan-Indianer begeben muss, um die Situation der Neuankömmlinge zu lindern. Bei seiner Ankunft dort wird die fremde Kultur erst als geheimnisvoll, gefährlich, fast schon als gruselig dargestellt, doch beim näheren Kennenlernen schlägt diese Stimmung um. Der Abenteurer verliebt sich in diesen ihm unbekannten Lebensstil, lernt die Traditionen kennen und wird fast zu einem Teil von ihnen.
Wie zwar jede von Malicks Szenen, sind diese Szenen mit einer ganz besonderen Anmut und Präzision inszeniert, sodass man sich wünscht, Smith würde die Indianer nie verlassen.
Hauptgrund für diese besondere Schönheit ist Emmanuel Lubezki's fantastische Kameraarbeit. Diese war seine erste Arbeit in dem Stil, für den er heute weltbekannt ist, und man erkennt in jeder Szene sehr gut die Grundbausteine und -regeln seines Stils, die er zusammen mit dem Regisseur vor Drehbeginn festgemacht hatte. Diese beinhalteten 1. nur natürliches Licht zu verwenden, 2. die Kamera nur mit der Hand oder einer Steadi-/Glidecam zu bedienen, 3. alles aus der subjektiven Perspektive zu filmen, also keine Luftaufnahmen etc., 4. dass der Fokus immer auf Vorder- und Hintergrund gleichzeitig liegen soll, 5. dass die Kameracrew auf gut Glück losziehen soll und alles filmen soll, egal ob es aus Zufall passiert oder ob der Instinkt der Crew sie dazu bringt und 6. dass nur die Aufnahmen verwendet werden die visuell aussagekräftig sind, alle anderen werden aussortiert. Diesen Kamerastil findet man in jeder von Lubezkis weiteren Arbeiten wieder, ist jedoch in The New World fast am interessantesten, weil der Stil hier etwas ganz Neues, noch Rohes und Ehrliches ist.
Nicht nur die Kameraarbeit, der hervorragende Schnitt, sondern auch der grandiose Soundtrack des 2015 verstorbenen James Horner trägt zu der Qualität des Films bei. Ein langer Teil des Aufenthalts von Smith bei den Indianern wird von einem einzigen Musikstück dominiert, geredet wird kaum. Es beginnt damit, dass Smith nach anfänglichen Überlegungen der als finster dargestellten Kultur, ihn umzubringen, von der Tochter des Powhatan-Häuptlings beschützt wird. Pocahontas (dieser Name wird jedoch nie genannt) - fantastisch besetzt mit der Newcomerin Q'orianka Kilcher, die beim Dreh gerade einmal 14 Jahre alt war - wird aufgetragen, sich um John Smith zu kümmern und ihn mit der Kultur vertraut zu machen.

 

Die Wochen bei den Indianern verändern Smith. Als er ankommt, hat er genug von allem, er ist müde. Müde von den barbarischen und hinterhältigen englischen Seemännern, die nicht die Schönheit des Landes sehen, sondern unaufhörlich nach Gold suchen und nur ihren eigenen Vorteil und Gewinn im Sinn haben. Die Kultur, in die er wie ein Freund aufgenommen wird, beschreibt er als sanft, liebevoll und treu. Trug, Neid, Eifersucht und Besitz ist ihnen fremd, ungleich der Menschen, die ihn geschickt haben. Die immer wiederkehrenden Bilder der Natur, der Pflanzen, des Wassers und des Lichts, welche für Malick typisch sind, stellen die Welt, in der sich Smith befindet, in perfekter Harmonie dar.


Außerdem erzählt uns Terrence Malick in The New World eine der wohl schönsten und mitreißendsten, aber auch eine der unkonventionellsten Liebesgeschichten der Filmgeschichte. Anders als in vielen Hollywood-Streifen wird die langsam aufbauende Liebe zwischen Pocahontas und Smith nicht mit einer leidenschaftlichen Sexszene, sondern durch viele sanfte, aber dennoch intensive Mittel verbildlicht. Colin Farrells Blicke, Spaziergänge am Wasser und im Wald, Einstellungen von Händen, die nur ganz leicht über Haut streichen und eine ausgelassene und glückliche Atmosphäre werden unheimlich gefühlvoll und glaubhaft inszeniert. Dem Entdecker kommt es wie ein Traum vor, aus dem er nicht wieder aufwachen will. Er kam desillusioniert und verstört von der Natur seiner Mitmenschen und der Sinnlosigkeit des Lebens mit dem Ziel im Tod zu dem Indianerstamm und in vielen philosophischen Gedanken, die Malick-typisch in Voice-Overn über den Film gelegt werden, beschreibt er die Liebe als das einzig Echte, das einzig Wirkliche in einer sinnlosen Welt. Eine These, die sich in vielen sehr guten Filmen wiederfindet. Doch Smith weiß auch, dass dieser Moment der Glücklichkeit nicht ewig anhalten wird.


Der Horror beginnt, als er zum Lager der Engländer zurückkehrt, in einem One-Take. Die Kamera schwenkt von den Eingeborenen weg, die Tür wird aufgestoßen, die Kamera folgt Smith in das Lager hinein, die Musik hört abrupt auf und das Geräusch eines leisen, kalten Windes setzt dafür ein. Alles Schlechte, was Smith während der Zeit bei den Eingeborenen verdrängt hatte, ist auf einmal wieder da. Kälte, Elend, Hunger, Diebstahl, Hinterhältigkeit, Misstrauen, Krankheiten und Tod, als wäre er aus einem schönem Traum erwacht. Die Probleme hören nicht auf, und der bis dahin so unheimlich sanft und anmutig inszenierte Film zeigt nun das, was in den Geschichtsbüchern geschrieben steht.
Es kommt zu blutigen Schlachten zwischen Indianern und den Neubesiedlern, und das ist besonders hart anzusehen, weil Smith ja solange bei ihnen in Harmonie gelebt hat. Die Metzeleien sind von größter Brutalität, was recht untypisch für Terrence Malick ist und daher umso mehr überrascht.
John Smith ist zurück in der sinnlosen Welt mit ihren verdorbenen Werten, und er trauert seiner Liebe nach. Er gehört nicht mehr dazu und wird wie ein Gefangener behandelt, bis Captain Newport mit weiteren Engländern zurückkehrt und er das Angebot bekommt, einen Seeweg nach Indien zu finden, wie es bereits in der Vergangenheit oftmals versucht wurde. Er ist hin- und hergerissen zwischen Pocahontas, die als Geisel bei den Engländern gehalten wird und der Möglichkeit, sich von den Menschen, die er verachtet, wegzubegeben auf eine neue Reise. Doch zwischen Pocahontas und dem Entdecker ist es nicht mehr das Gleiche, seit sie bei den Engländern lebt. Er beendet den inneren Konflikt in einer äußerst kraftvollen Szene, in der er lautlos anfängt, sein Zimmer zu verwüsten. Er gibt sie auf, weil sie nicht mehr die selbe ist.

 

 

The New World lässt sich nämlich ebenfalls auf einer zweiten Ebene interpretieren. Es ist ein brutaler und unmenschlicher Film, der über zwei Stunden lang zeigt, wie Q'orianka Kilchers Figur Pocahontas qualvoll umgebracht wird. Sie wird nicht auf klassische Weise getötet, jedoch wird trotzdem ihr Leben genommen, weil sie während des Films bis zur Unkenntlichkeit entfremdet wird.
Alles beginnt natürlich damit, dass die Engänder in Amerika eintreffen und es besiedeln. Durch den Kontakt mit der neuen Kultur, vor Allem jedoch durch den engen Kontakt mit John Smith und dem neu angeeigneten Wissen über den Lebensstil der Kultur der Engländer fand bereits eine kleine, aber gute Veränderung statt. Das Wissen und Studieren anderer Kulturen, auch wenn sie verdorben und schlecht sind – was ja immer eine Frage der Perspektive ist – ist unglaublich wichtig. Problematisch wird es jedoch erst, als Pocahontas bei den Engländern lebt. Sie fängt an, sich von ihrer Kultur zu entfernen, erst freiwillig.
In einer Szene streifen Smith und Pocahontas gemeinsam durch die Wiesen, und sie fragt, ob sie ihm so gefalle. Sie passt sich für ihn an, um ihm näher zu sein, doch dadurch entfernt sie sich nur von ihm. In der selben Szene sieht man kurz eine traditionelle Malerei auf ihrem Bein, welche sie jedoch schnell verdeckt, ein Beweis, dass sie kein richtiger Teil ihrer Kultur mehr ist, die Smith so sehr liebte.
Frustriert tut dieser daraufhin das Echte, was er im Wald mit ihr gespürt hatte, doch nur als Traum ab, und verlässt sie.
Apathisch lässt Pocahontas daraufhin alles mit sich machen. Sie wird ihres Namens beraubt und bekommt einen neuen, angepassten, Rebecca, sie wird ihrer Religion beraubt, indem sie getauft wird. Sie stimmt dem nicht zu, sie weiß ja noch nicht mal, was das eigentlich bedeutet. Sie bekommt beigebracht, wie man liest, wie man sich mit Seife wäscht, wie man mit hohen Schuhen und Kleid läuft, wie man sich benimmt, wie groß die Welt ist, welche die Werte der modernen Engländer sind und entfremdet sich immer weiter von ihr selbst.


Als sie dann von John Smith's vermeintlichem Tod erzählt bekommt, verfällt sie in tiefe Trauer, wird jedoch in ihrem Leid von John Rolfe aufgefangen. Er ist ein anerkannter und höflicher, braver Mann, er verkörpert das Moderne, das "Progressive", die Globalisierung. Er ist ein unheimlich freundlicher Mensch, doch er interessiert sich nicht für alte Kulturen und Traditionen, er ist nach dem Tod geliebter Personen nach Amerika gekommen, um sich dort ein neues und sicheres Leben aufzubauen. Er würde niemals wie die Indianer in Zelten leben, er würde nicht ausgelassen am Strand wandern, er braucht ein Haus, er möchte seinen fortgeschrittenen Lebensstil verbreiten. Auch hier hätte man die Rolle nicht besser besetzen können als mit Christian Bale, zweifellos einer der besten Schauspieler der heutigen Zeit, der mit seiner Ruhe, aber enormen Selbstsicherheit perfekt passt.
Auf einer anderen Ebene erzählt Malick hier von einem der ältesten Duelle aller Zeiten, von einem Duell zweier Männer um eine Frau, während sich diese Männer jedoch nie begegnen. Smith verkörperte den weltoffenen Abenteurer, den Genießer, denjenigen, der heutzutage für linke Parteien demonstrieren würde und in die exotischsten Länder und Kulturen reisen würde, um dort wild alles auszuprobieren. Er war der Leidenschaftliche, aber auch Unsichere, was daran erkennbar war, dass er Pocahontas warnte, ihm nicht zu vertrauen da sie nicht wüsste wer er ist. Rolfe jedoch ist ein sicherer und selbstbewusster Mann, der wie Pocahontas einen Verlust erlitten hat und sie daher versteht. Er ist das, was die inzwischen weiterentwickelte Pocahontas (Rebecca) braucht. Nach anfänglichen Schwierigkeiten öffnet sie sich ihm und beschreibt ihn als einen starken Baum, an den sie sich klammern kann und unter dessen Schatten sie liegen kann. Er fragt, wer sie ist und wovon sie träumt, jedoch fragt er nie, wer sie gewesen ist und wo sie herkommt, ob sie ihren Stamm vermisst oder wie sie gerne leben möchte. Er nimmt sie bei sich auf und sie bestellen gemeinsam die Felder und erledigen einfache Arbeiten, ebenfalls ein immer wiederkehrendes Motiv in Malicks Filmen, besonders in Days of Heaven.


John Rolfe ist jedoch nicht derjenige, der die andere Kultur zerstört. Das sind die Soldaten, die während Pocahontas Entfremdung das Lager ihres ehemaligen Stammes niederbrennen, er ist bereits die Folge, ein Symptom davon. So passt sie sich immer weiter dem Lebensstil der vernünftigen, fast spießigen Neuankömmlinge an, bis hin zur königlichen Audienz in London. Doch dort gibt es nur Heuchler, niemand interessiert sich dort wirklich für andere Kulturen, so wie es John Smith getan hat. Rebecca ist dort bloß noch ein Ausstellungsstück von der, die sie mal war. Besonders interessant sind die Indianer, die nicht angepasst sind, die vollkommen orientierungslos alleine durch London und Parkanlagen irren.

 

Darauf folgt die wohl interessanteste und wichtigste Szene des Films, in der sich Pocahontas und Smith wiedertreffen. Doch entgegen der Erwartungen der gespannten Zuschauer ist das Treffen sehr kalt. Die beiden mustern sich, als sähen sie sich zum ersten Mal, was sie eigentlich auch tun. Denn eigentlich ist es für Smith nicht das Wiedertreffen mit Pocahontas, sondern das erste Treffen mit Rebecca. Er guckt traurig, der Himmel ist grau, der englische Park wirkt gezwungen, symmetrisch und trostlos und er merkt an, dass sie scheinbar zum ersten Mal miteinander reden. Ein immer wiederkehrendes Motiv in Terrence Malicks Filmen ist das räumlich versetzte Herumgehen von zwei Personen. Doch während es in den meisten seiner Szenen lebendig und „wie-aus-dem-Leben-gegriffen“ aussieht, wirkt es auch in dieser Szene kalt und distanziert, was vor allem an der absichtlich inszenierten gefühllosen Symmetrie der Bilder in dieser Szene liegt, welche so – genau wie die brutalen Schlachten zuvor – sehr untypisch für die Werke des Meisterregisseurs ist. Smith greift, wie als Notlösung, noch einmal die These zur Liebe auf, die der Film vertrat, als Smith bei den Indianern lebte. Der Entdecker sagt ihr, dass es kein Traum war, dass das, was sie im Wald wussten, die einzige Wahrheit war, doch daraufhin lächelt Rebecca ihn bloß verständnislos („mitfühlend“) an, nickt höflich, und geht. Smith ist nicht mehr die Person, die zu ihr passt, und Rebecca nicht mehr die Person, die Smith einst liebte.
Sie kehrt zurück zu Rolfe, und die Einstellungen sind wieder so gefühlvoll, gesättigt und wunderbar gefilmt, wie der Zuschauer es sonst gewöhnt ist. Doch das ist tückisch: Kurz vor dem Ende des Films wird gezeigt, wie Rebecca glücklich mit ihrem Sohn in der Natur spielt, doch nicht Pocahontas' Natur, es ist der gezwungene, auf benutzerdefinierte Wünsche angepasste englische Park, vergleichbar mit ihr selbst. Doch trotzdem lebt die Kamera, die musikalische Untermalung suggeriert vollkommene Ausgelassenheit, trotz der eigentlich traurigen Umstände.


Ihr Tod am Ende ist die logische Konsequenz aus dem ganzen Film. Nachdem Pocahontas als Charakter den ganzen Film über getötet wurde, erst gefangen genommen, dann unfreiwillig angepasst und in ihrem Leid in einen neuen Lebensstil hineingezwungen wurde, muss am Ende logischerweise auch ihr Körper, beziehungsweise die Person, die aus ihr geworden ist, sterben.

 

Nun lässt sich am Ende argumentieren, warum sie sich denn nicht gewehrt habe, sie habe ja alles einfach mitgemacht was man ihr aufgezwungen hatte, selbst einen neuen Namen. Doch Pocahontas steht hier gleichzeitig als Metapher für ihre Kultur und die unzähligen Kulturen, die über die Jahrtausende angepasst oder ausgerottet wurden. Viele der wenigen Indianer, die heute noch in Amerika, Australien und anderen Staaten leben, sind längst Attraktionen oder benachteiligte Außenstehende. Viele nennen das Fortschritt, und natürlich sind Reformen innerhalb einer Gruppe immer etwas Gutes, solange sie in die richtige Richtung gehen. Doch das brutale Auslöschen, Unterdrücken oder Verstoßen fremder Kulturen, Rassen, Bevölkerungsgruppen und politischen Gruppen, vor Allem zu seinem eigenen Vorteil und Gewinn, war niemals etwas Gutes, im Gegenteil, und doch passiert es heute noch, jeden Tag. Ja, es gibt tatsächlich Kulturen, wie zum Beispiel im Regenwald Südamerikas, die noch immer leben wie vor tausenden von Jahren und die man nichts von der modernen Zivilisation wissen lässt, weil man ihnen ihr Leben nicht nehmen will, doch von diesen ist nicht die Rede.
Es gibt heutzutage allen Ernstes Menschen, die nichts von anderen Kulturen, Rassen und Bevölkerungsgruppen wissen wollen und sie auch nicht in ihrer Nähe haben wollen, aus Angst, dass dadurch ihre eigene Rasse und Kultur untergeht, oder aber sie lassen es zu, beziehungsweise tragen selbst dazu bei, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen im Krieg ausgelöscht werden, weil sie sie nicht bei sich aufnehmen wollen, ihnen nicht helfen wollen oder sie sogar selbst bekriegen (es mag sogar reichen, diesen Krieg nicht schlechtzuheißen). Natürlich ist es in unserer heutigen, vom Kapitalismus geprägten Gesellschaft, nicht möglich, wie die Powhatan-Indianer in völliger Harmonie zu leben, doch ist es vollkommen unverständlich, wie man überhaupt als Mensch daran denken kann, einen anderen Menschen aufgrund seiner Rasse, Einstellung, Herkunft oder Kultur zu verstoßen, unterdrücken oder gar zu töten.

 

Das macht aus The New World einen zeitlosen und hochaktuellen Film, wunderschön, und doch sehr deprimierend. Aber der Film endet keineswegs schlecht oder traurig. Nach dem Tod sieht man eine schöne, wenn auch sehr kurze Einstellung ihres Grabsteins, der voll mit Pflanzen und Moos bewachsen ist, eine Metapher dafür, dass Pocahontas am Ende doch zurück zur Natur, und damit zu ihrer größten Liebe, Vergangenheit und Kultur gefunden hat. Der Film schließt mit Aufnahmen aus der Natur, mit Flüssen. Pocahontas beschrieb ihre Verbindung zu Smith am Anfang des Films ebenfalls wie einen Fluss, der durch sie durchströmt, und damit ist klar, womit Terrence Malick seinen Film abschließen will: mit Liebe.

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