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Warum Batman v Superman ein großartiger Film ist

///es handelt sich um eine analyse, spoiler gegen ende///

 

Batman v Superman ist ein großartiger Film, doch ist er auch der bisher umstrittenste Film 2016 und wird es wahrscheinlich auch bleiben. Bereits 2013, als er auf der Comic-Con angekündigt wurde, ein Jahr nach Christopher Nolans überragendem Meisterwerk „The Dark Knight Rises“, war der Film schon umstritten. Warum Batman gegen Superman? Warum Zack Snyder, möchte man DC-Verfilmungen den guten Ruf nehmen? Richtig ging es dann erst los, als bekannt gegeben wurde, dass Oscar-Preisträger Ben Affleck den Fledermausmann verkörpern sollte. Nachdem man sich mit dem charismatischen Christian Bale als Batman angefreundet hatte, war man gegenüber dieser Besetzung sehr skeptisch, ja, für viele Fans war es sogar ein Schock. Heftig diskutiert wurden im Vorraus ebenfalls die bis dahin unbekannte Gal Gadot als Wonder Woman und Jesse Eisenberg als Lex Luthor. Dann wurde bekanntgegeben, dass Batman v Superman nicht nur ein Sequel zu Man of Steel darstellen sollte, sondern gleich als Auftakt, beziehungsweise als Einführung in die Justice League funktionieren sollte. Als die ersten Trailer erschienen, wurde all die Skepsis noch verstärkt, als ein Trailer erschien, der fast die komplette Handlung des Films spoilerte.
Und nun ist der Film ab dem 24. März 2016 in den deutschen Kinos zu sehen, und zu keinem Film hört man so viele unterschiedliche Meinungen wie zu diesem. Während Kritiker ihn noch stärker verreißen als seinen Vorgänger „Man of Steel“, verlassen sogar Fans des Genres enttäuscht den Kinosaal, einige nennen den Blockbuster, der innerhalb von 12 Tagen über 700 Millionen US-Dollar eingespielt hat, den schlechtesten, wieder andere den gefährlichsten Film aller Zeiten, aufgrund der vor nichts zurückschreckenden Gewalt.


Doch ebenso wie negative hört man auch positive Stimmen: Überraschte Zuschauer nennen ihn den besten DC Film aller Zeiten, andere den besten Superheldenfilm überhaupt, und natürlich gab es Personen, die „Batman v Superman“ zu ihrem neuen Lieblingsfilm ernannten. Und nicht nur Hardcorefans waren begeistert, sondern zum Beispiel auch ich, obwohl ich Superheldenfilme im Grunde genommen lächerlich finde. Interessant an ihnen ist ja eigentlich die Umsetzung, ob man sie fast schon als Komödie verpackt, wie Marvel es gerne tut, oder man sie als hochpolitische Filmtrilogie inszeniert, die Themen wie Furcht, Chaos, Zorn, Verrat und vieles mehr behandelt, wie Christopher Nolan es tat.

 

Doch was macht Batman v Superman zu einem so großartigem Film, denn ganz sicher liegt es nicht am Regisseur. Zack Snyder ist wie Michael Bay (jedoch lange nicht so schlimm wie dieser!) ein ganz scheußlicher von sich selbst besoffener Filmemacher. Beide haben nicht viel Ahnung, wie man einen Kinofilm inszeniert, doch hin und wieder gelingt ihnen eher aus Versehen ein guter Film: Michael Bay veröffentlichte 2013 mit Pain & Gain eine geniale Satire, die sich gleichzeitig wieder über ihre eigene Dummheit lustig machte. Zack Snyder brachte erst den überaus gelungenen Watchmen und dann 2013 den wunderbaren Sucker Punch in die Kinos, eine überlange, wilde und feministische Provokation, die man so noch nie gesehen hatte, und nun 2016 Batman v Superman.

 

Vorher sollte man sich einmal seinen Vorgänger ansehen, Man of Steel, zweifellos einer der schlechtesten und lächerlichsten Filme aller Zeiten. Der ganze Film hatte keine intelligenten Ebenen, in die man vielleicht etwas hineininterpretieren könnte, wie Christopher Nolans wegweisende Dark-Knight-Trilogie, und nahm sich trotzdem furchtbar ernst. Der ganze Film war obendrein unglaublich hässlich und konnte nur selten ästhetisch überzeugen. Das liegt vor Allem an Zack Snyders unerträglicher Liebe zu vollkommen übertriebenen und unglaubhaften CGI-Effekten, aufgrund denen man manchmal fast nichts auf der Leinwand erkennt. Zack Snyder war so fixiert auf seine Effekte, dass er aus Man of Steel einen lachhaften Film machte. Denn es wurden gegen Ende so unglaublich viele Hochhäuser zerstört, dass man sich denken konnte, wie viele tausende Zivilisten dabei starben, obwohl das nicht gezeigt wurde. Doch trotzdem wurde die ganze CGI-Zerstörung glorifiziert und mit unglaublich schlechter heroischer Musik unterlegt. Zack Snyder hat Superman so viel zerstören lassen, dass er nicht mehr ein Held, sondern ein dummer Mörder war.
Und genau darin liegt die erste große Stärke von Batman v Superman. Zu Beginn des Films sieht man das Ende von Man of Steel, doch aus Bruce Waynes Perspektive. Er versucht so viele Zivilisten wie möglich vor Supermans Chaos und Zerstörung, die er hinterlässt, zu retten. Dabei weist der Film gleich in den ersten Minuten, und auch noch viele andere Male im Film, auf die vielen Toten und damit auf die Lächerlichkeit von Man of Steel hin, fast, als wolle er sich für seinen Vorgänger entschuldigen.

 

Natürlich wird zu Beginn des Films auch Batmans Vorgeschichte, der Tod seiner Eltern, erzählt, und hier offenbart sich die größte Stärke des Films: Anstatt der Hässlichkeit von Man of Steel wurde hier ein visuelles Kunstwerk auf die Leinwand gezaubert, ganz ähnlich den ersten Minuten von Sucker Punch. Unglaublich selbstbewusst, elegant und ruhig hat der großartige Kameramann Larry Fong, der bereits Watchmen und Sucker Punch für Snyder verbessert hat, hier zu einem visuellen Meisterwerk beigetragen. Zu jeder Minute sieht man, wo die über 250 Millionen US-Dollar Budget - die somit BVS zu einem der teuersten Filme aller Zeiten machen- hingeflossen sind. Jede Einstellung des Films ist pure Perfektion, DC-typisch wird sich einer grauen und düsteren Farbpalette bedient. Auch wurden die Effekte fast ausschließlich effizient eingesetzt, wie zum Beispiel in einer Rückblende, in der kristallklar Schneeflocken vor der Kameralinse zur unglaublichen Atmosphäre des Films beitragen.
Außerdem entschieden sich die Macher der Films erfreulicherweise, Batman v Superman eine irrationale, surreale Komponente zu geben. Szenen, in denen ein junger Bruce Wayne inmitten von Fledermäusen emporsteigt, in denen auf einmal ein Pferd im Nebel auftaucht und wieder verschwindet, und eine dystopische Alptraumszene, offensichtlich inspiriert vom Meisterwerk Mad Max- Fury Road, in der ohne Schnitt gezeigt wird, wie Batman um sein Leben kämpft, während insektenähnliche Wesen Feinde in den Himmel entführen, zeigen, wie intelligent und schön Batman v Superman geworden ist.
So erinnert der Blockbuster über weite Strecken des Films hinweg an einen unglaublich stilistischen Film-Noir, was auch am häufigen Regen liegt, nicht ganz so aussagekräftig durch seine Bilder wie die Comicverfilmung Sin City, aber verdammt nah dran.
Zur unglaublichen Atmosphäre trägt vor allem aber Ben Affleck bei. Mit einer unglaublichen Gelassenheit und einer überwältigenden Präsenz stiehlt der talentierte Schauspieler jedem seiner Kollegen die Show. Als Bruce Wayne verkörpert er jederzeit Ruhe und unerschütterliche Kontrolle, und doch wirkt er in den Szenen, in denen es darauf ankommt, so brutal, hart und überzeugt, dass man nach dem Film keine Zweifel mehr daran hat, dass er die wohl beste Wahl für die Besetzung des Batman ist, die man treffen konnte.


Im Vergleich zu Christopher Nolans Filmen sind in diesem Bruce Wayne und sein alter Ego nicht so harsch getrennt, die Grenzen verlaufen, man merkt zu jeder Zeit, das Bruce Wayne auch ohne Maske wie Batman ist und denkt, und auf der anderen Seite hat man immer im Kopf, dass sich hinter der Maske des Batman Bruce Wayne verbirgt.
In einer Szene des Films betrachtet der kriminelle Rächer ein Heldenkostüm in einer Vitrine, auf dem geschrieben steht „Hahah, Joke's on you Batman“. Da der Film nicht zeigt, was zwischen der Szene in der Bat-höhle als kleiner Junge und dem Auftauchen von Superman als erwachsener Mann in Bruce Waynes Leben passiert, stellt das Kostüm wahrscheinlich ein Andenken an Robin, Batmans früheren Partner dar, der zum Zeitpunkt des Films dann schon vom Joker ermordet wurde. In den Comics ignorierte Batman seine Regel, nicht zu töten nach Robins Tod, und so tut er es auch in diesem Film. Als Kontrast zu der visuellen Ästhetik des Films steht die brachiale Gewalt, die für viele ein negativer Kritikpunkt des Films war, was eigentlich Blödsinn ist, denn Brutalität ist ja eines der Hauptmerkmale einer düsteren Comicverfilmung.

 

Während weit über die Hälfte des Films gesprochen, verschwört, gefragt und diskutiert wird über Gott, Recht, Gesetz, Gottesersatz, Macht, Diebstahl und vieles mehr, meist jedoch nicht wirklich als Dialoge, sondern als bedeutungsschwangere Phrasen, die man jederzeit überall zitieren könnte; sind die Teile, in denen tatsächlich mal gekämpft wird, geprägt von unmenschlicher, fast schon barbarischer Brutalität. Allein der Kampf, auf den man den ganzen Film wartet, der Kampf zwischen Batman und Superman, ist schwerfällig und langsam und die beiden Hauptdarsteller sind so gut durchtrainiert, dass es so wirkt, als würden zwei riesige Maschinen miteinander kämpfen, was nochmal durch die massive Batmanrüstung in dieser Szene unterstützt wird.
Dabei hält die Kamera immer auf die Gewalt und kennt gar keine Grenzen, die Zerstörung und Boshaftigkeit zu zeigen. Diese geht auch von den Charakteren aus: Keine Figur in diesem Film hat etwas Edelmütiges, etwas Ritterliches an sich. Superman, der vermeintliche Gott, ist die Verkörperung eines Egoisten, der bei einer so großen Verantwortung seine eigenen Bedürfnisse und Konflikte, vor allem Liebe und Zuneigung, immer arrogant über die der anderen stellt, wie man in Man of Steel schon auf lächerliche, hier auf hochinteressante Art und Weise vermittelt bekommt. Auch Bruce Wayne/Batman wirkt oft unbeherrscht, skrupellos und jähzornig, er weiß, dass er ein Krimineller ist, gibt das auch zu und verhält sich genau so. Selbst der Butler, Alfred, der in der Nolan-Trilogie immer für das Warmherzige, Gutmütige und Vernünftige gestanden hat, beteiligt sich in diesem Film ohne Skrupel daran, Batmans Ziele durchzusetzen. Von allen Besetzungen ist es Jeremy Irons als Alfred, an die man sich am schwersten gewöhnt. Doch gerade er zeigt, wie sich der Film von Christopher Nolans Filmen unterscheidet: Vom hoffnungsvollen, gutmütigen Michael Caine zum düsteren und harten Jeremy Irons, der die Neuinterpretation des Butlers perfekt verkörpert - und von der hoffnungsvollen und pazifistischen The-Dark-Knight-Trilogie zum harten und düsteren Batman v Superman.
Die anderen Schauspieler machen ihre Sache alle sehr gut, doch vor Allem der großartige Jesse Eisenberg als Lex Luthor brilliert. Er spielt, wie das Klischee verlangt, den typischen geisteskranken Gegenspieler, was sogar genauso ausgesprochen wird im Film, doch das auf eine beschwingte und intelligente Art und Weise, indem er fast mit jedem Satz den Zuschauer zum Denken anregt und durch seine Menschlichkeit doch absolut glaubhaft wirkt.

 

 

Zur düsteren Stimmung des Films trägt ganz gewaltig ebenfalls der grandiose Soundtrack bei. Hans Zimmer komponierte zusammen mit dem unglaublich begabten Newcomer Tom „Junkie XL“ Holkenborg, bekannt für den Mad Max-Fury Road-Score, für Batman v Superman seinen letzten Soundtrack für einen Superheldenfilm, und genauso klingt die Musik auch. In jeder Minute perfekt auf die Stimmung des Films angepasst, düster, spannend, aber meistens eher ruhig, nicht etwa so treibend wie der The-Dark-Knight-Soundtrack. Oft genügen vereinzelte Tastenschläge auf den tiefsten Tasten des Klaviers, um kurz darauf dramatisch ein Orchester oder einen Chor das Geschehen dominieren zu lassen. Doch in manchen Szenen wird hier auf allseits bekannte Stücke der Klassik zurückgegriffen, was auch hier beweist, wie gut der ganze Film durchdacht ist.

 

 

Interessant ist, dass Batman v Superman als typischer Mainstream-Unterhaltungsfilm fast komplett versagt, was ein Grund sein könnte, warum viele Fans arg enttäuscht waren. Der Film ist hauptsächlich ein visuelles Meisterwerk, die Erzählstruktur ist sehr gelungen, aber doch für den, der nur nur leicht konsumierbare Filme gewöhnt ist, recht gewöhnungsbedürftig. Das Werk nimmt sich außerdem sehr viel Zeit, mit langsamen Rückblenden, vielen künstlerischen Szenen, um sich zu entfalten. Manche Einstellungen zeigen Bruce Wayne oder Clark Kent ganz allein in einer Landschaft, oft auf einem Feld, und der Film nimmt sich die Zeit, die Meinung der Bevölkerung, der Presse und Senatoren zu sowohl Superman als auch zu Batman zu erläutern. So dauert es fast anderthalb Stunden, bis Superman und Batman zum eigentlichen Kampf aufeinander treffen, der entgegen der Erwartungen nicht auf schnell geschnittene Action setzt, sondern sehr interessant und dramatisch inszeniert wurde.

 

Doch dann kommt es am Ende zum Showdown, Batman, Superman und Wonder Woman schließen sich zusammen, um ihren wahren Gegner zu bekämpfen, Doomsday, ein kryptonisches Biest, erschaffen von Lex Luthor. Und ab diesem Zeitpunkt macht der Film alles, was er im Gegensatz zu Man of Steel richtig gemacht hatte, wieder kaputt. Die wunderbar eingesetzten Effekte, die ruhige und durchdachte Kamera, die dunklen, nachdenklichen Bilder, den Stil, alles gibt er auf, um einen schier endlosen, schlecht inszenierten Kampf mit einem hässlichen Monster zu zeigen, bei dem wieder, genau wie in Man of Steel, alles zerstört wird. Nur glücklicherweise dieses Mal ohne Zivilisten. Die Kamera zoomt völlig unnötig und irre umher, jegliche Ästhetik ist dahin, und man kann aufgrund der ganzen Lichtblitze und Explosionen im Sekundentakt kaum noch was erkennen.
Um noch einen Overkill zu machen, wird der Präsident angerufen und mit „Mr. President“ angesprochen, das Klischee und der Tod eines jeden Actionfilms. Es kann nur eine Erklärung dafür geben, dass der Film sich auf einmal so „zurückentwickelt“: Batman, Superman und Wonder Woman – übrigens wunderbar gespielt von Gal Gadot, vor Allem in den ruhigen Szenen – haben nur einen wahren Feind, gegen den sie kämpfen müssen, und das ist Zack Snyders Effektorgie. Doomsday steht für diese übertriebenen Effekte, sie kommen ja schließlich aus irgendeinem hirnrissigen Grund aus ihm heraus, und er ist der ultimative Feind. Nicht nur der der Superhelden, sondern auch der des Zuschauers, weil die visuell überragenden Bilder gegen hässliche Effekte eingetauscht werden und das eine Vergewaltigung des menschlichen Auges ist; und der des Kinos, weil gerade solche Blockbuster mit solchen Effekten heute nicht mehr produziert werden dürften, gerade heute, wo sich das Kino doch in einer Krise befindet, sollte man solche Filme mit so hässlichen Effekten boykottieren. Unfreiwillig teilt Zack Snyder uns mit, dass die drei Superhelden eigentlich die ganze Zeit über seine übertriebene Liebe zu Effekten bekämpfen. Und Batman, Wonder Woman und Superman besiegen die Effektorgie.
Wie um diese Erklärung zu bejahen, kehrt der Film augenblicklich nach dem Tod des Doomsday-Monsters zu seinem altem Look zurück, von den Effekten nichts mehr zu sehen, und folglich muss auch Superman sterben, weil er ja Teil der Effekte war. Er hat überhaupt erst die Übermenschlichkeit auf die Erde gebracht, er hat General Zod in Man of Steel mitgebracht und im Kapf mit ihm alles zerstört, auch Doomsday kommt von seinem Planeten, und er selbst schießt alberne Laserstrahlen aus den Augen und kann Tonnen von Gewicht heben. Die Superhelden bekämpfen Zack Snyders übertriebene Effekte, die ein Feind des Kinos und des Zuschauers sind, doch dafür muss Superman auch sterben, weil er ja auch mit Effekten „ausgestattet“ ist, er überhaupt erst der Grund war, dass solche Effekte zustande kommen auf der Erde und es, solange es ihn gibt, diese Effekte auch geben wird. Nachdem Superman und Doomsday tot sind, folgt eine der visuell schönsten und besten Begräbnisszenen der Filmgeschichte, was ja nun wieder möglich ist, weil die Effektorgie besiegt wurde. Allein die Szene, in der die von Amy Adams gespielte Lois Lane Erde auf Clark Kents Sarg wirft, ist ein Genuss für die Augen.

 

In der vorletzten Szene des Films sagt Ben Affleck zu Gal Gadot, dass die mit Superkräften ausgestatteten Menschen kämpfen werden müssen, dass er so ein Gefühl hat.
Und ja, das werden sie müssen.
Denn die Erde auf Supermans Sarg beginnt zu fliegen, Zack Snyders bescheuerte Effekte kehren zurück.

 

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